50 Jahre Interrail Revival Tour

Drei Mal fuhr ich mit dem INTERRAIL Ticket zwischen 1980 und 1983. Seinerzeit galt eine Altersgrenze von 27 Jahren für das unbegrenzte Reisen durch Europa.

Ein Zug, wie man ihn vor 40 Jahren noch antraf. Dieser hier wurde in Görlitz gebaut.

Zwischen April und Juni 2023 unternehme ich meine Revival Tour durch europäische Länder. Reiste ich damals stets in der 2. Wagenklasse, so gönne ich mir jetzt mit 65 Jahren die 1. Komfortklasse.

Solche Art von Zügen gab es im Nahverkehr Anfang der achtziger Jahre öfters

Inspiration geben mir zwei Dokumentationen über Interrail des NDR im letzten Jahr “Die beste Reise meines Lebens” und “Mit dem Rucksack durch Europa – Mythos Interrail” des WDR im Jahr 2013. Die Protagonisten dieser Filme sind mindestens so alt wie ich.

In Montenegro findest Du heute noch Eisenbahn Nostalgie

Gerne erinnere ich mich an die 3 Touren, die jetzt über 40 Jahre zurückliegen. Die Züge waren oftmals sehr alt, überfüllt und in den Toiletten stank es. Verstopft waren diese eher nicht, fielen doch Fäkalien durch ein Rohr aufs Bahngleis.

Train. Free public domain CC0

Ich erinnere mich ebenso an die unbequemen Sitze in manchen Zügen in Abteilen mit 8 Reisenden in jugoslawischen Waggons, die tagelang nach Athen unterwegs waren. Und da war der Schaffner eines sogenannten Luxus Tageszugs der TER Kategorie in Spanien, der umgerechnet 40 D-Mark Zuschlag verlangte für die Strecke Madrid nach Algeciras. Ich entschied mich für die Nachtfahrt und traf dann Traveller im Zug, mit denen ich eine Woche durch Marokko reiste.

sky red people clouds
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Was war mein größtes Erlebnis mit Interrail:

München Hauptbahnhof am 22.05.1983 am Abend: Ca. 100 HSV Fans grölen lautstark durch die Hallen des Bahnhofs, so das der ganze Bahnhof bebte. Fussball Deutschland sollte wissen, wer die Macht im Lande ist! Alle Rothosen Fans besteigen den Hellas Express nach Athen, um 3 Tage später den größten Erfolg ihres Teams in der Vereinsgeschichte zu feiern. Im Bahnhof dominierten die HSV Fans! Ca. 20 Minuten dauerte die Vorfreude in der Domäne des Erzfeindes “FC Bayern”.

Heute hatte der HSV das Sagen, nicht der große FCB. Ja der HSV stand im Finale des Europapokals der Landesmeister und hatte die erfolgreichste Fussballmannschaft Europas. Im Zuhause des FCB ein solches Spektakel abzufackeln, das ging unter die Haut. Die mehr als 48 stündige Zugfahrt beinhaltete die Vorfreude, auf das, was uns in Athen gegen Juventus erwarten sollte. Wir hatten wenig Geld und konnten uns den Flug nicht leisten. Die Eintrittskarte zum Spiel kostete weniger als 20 D-Mark.

Ein weiteres grandioses Erlebnis hatte ich im Sommer 1980 in Sagres in Portugal. Wir zelteten dort. Abends gab es ein Lagerfeuer. Einige dutzend junge Backpacker feierten bei Bier und Wein und dem ein oder anderen Joint. Keiner von uns hatte viel Lebenserfahrung. Der Spirit unter den Anwesenden war phänomenal. Es gab viel Gesprächsstoff und wir alle freuten uns, die anderen hier kennenzulernen. Harte Drogen interessierte hier Niemanden und keiner war besoffen. Es waren andere Zeiten!

busy people walking near brown concrete building
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Die berühmtesten Züge der Interrailer: Das waren der Hellas Express und der Akropolis, die beide von Deutschland nach Athen fuhren. Griechenland galt als das beliebteste Land des jungen Backpacker Volkes. 2 Tage und 2 Nächte dauerte die Reise. Zumindest hatten die Züge deutsches Wagenmaterial mit nur 6 Sitzen pro Abteil. Und man konnte die Sitze in Liegen verwandeln!

city dawn landscape sunset
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Ein weiterer berühmter Zug verband Paris mit Lissabon und Porto. Ab Irun reisten viele Interrailer mit diesem Zug nach Portugal. Fleißig sammelte der Schaffner den relativ geringen Zuschlag für den spanischen Abschnitt ein. Portugal war ein sehr beliebtes Reiseziel des Travellervolks.

Hier traf sich das Travellervolk noch vor 40 Jahren im Sommer

Berühmte Bahnhöfe:

  • Der Grenzbahnhof Port Bou in Spanien: Hier stiegen viele von uns aus dem französischen Schnellzug um, um anschließend mit einem alten klapprigen Regionalzug nach Barcelona weiterzufahren. Hier fand auch die Grenzkontrolle statt.
  • Spanisch – portugiesische Grenze zwischen Ayamonte und Vila Real de Santo Antonio: Sehr viele Traveller nutzen die Fähre zwischen den beiden Bahnhöfen. Die Autobahnbrücke war noch nicht im Bau. Schon lange fährt kein Zug mehr nach Ayamonte. Und der portugiesische Bahnhof dient nur noch dem Regionalverkehr. Traveller reisen heutzutage mit dem Flugzeug zur Algarve.
  • Bahnhof Saloniki in Griechenland: Wenn die drei täglichen Züge von und nach Jugoslawien hier passierten, war auf dem größten griechischen Bahnhof die Hölle im Sommer los. Hunderte von Backpackern schwirrten durch den Bahnhof, z.B. um etwas zu Essen zu kaufen. Die Züge hielten hier meistens 30 Minuten. Heutzutage ist diese Station total verwaist. Sie wurde nie renoviert und alles sieht genauso aus wie vor 40 Jahren.

Die besten Züge: Die gab es im Vereinigten Königreich. Ich lasse nur Züge gelten, die zuschlagfrei mit dem Interrailticket benutzt werden durften. Ich fuhr 1983 mit dem Ticket von London nach Edinburgh. Der Intercity 125 benötigte knapp über 4 Stunden für die 640 Kilometer. Er fuhr mit Dieselantrieb und war sehr komfortabel. Heute benötigen Züge auf dieser Strecke länger! In allen anderen Ländern mußte man für so tolle Züge Zuschlag zahlen. Den Intercity 125 gibt es heute übrigens immer noch in England. Er verbindet London mit Nottingham bzw. Sheffield.

Der schlimmste Zug: Diesen erlebte ich zwischen Triest und Athen. Im Zug von Mailand nach Venedig saßen bestimmt 100 Traveller, die nach Griechenland reisen wollten. In Venedig angekommen hieß es, der Zug nach Athen wird erst in Triest eingesetzt. Mit einem Nahverkehrszug ging es dann weiter dorthin. Kaum erreichte der Zug Triest, so stürmten wir alle los, um die besten Sitzplätze für den 2 Tages Trip zu ergattern. Aber der Zug führte nur einen Kurswagen, der bis nach Athen ging. Der Rest der Wagen endete in Jugoslawien. Der Wagen war uralt und hatte sehr harte Sitze. Die totale Katastrophe! Zumindest wurden in Belgrad weitere Wagen angehängt, die neuer und komfortabler waren. Nicht alle von uns durften ab Triest sitzen. Viele mußten stehen!

Welche Länder besuchte ich:

  • Griechenland: Das war das beliebteste Land der Interrailer. Inseln wurden häufig ausgelassen, denn da fuhr die Bahn nicht hin.
  • Iberische Halbinsel (Spanien und Portugal): nach Griehnland der zweitgrößte Hit. Ärgerlich war, daß in Spanien alle Talgos, Electrotren und TER zuschlagpflichtig waren. Nur die Nachtzüge waren kostenfrei im Fernverkehr.
  • Marokko: Auch da zog es mich hin! Von Tanger über Casablanca nach Marakesch.
  • Italien: Ebenso sehr beliebt. Die Schnellzüge waren im Ticket inkludiert und Sizilien war neben Rom das Ziel. Ich besuchte das berühmte schwule Sommercamp unweit von Pescara.
  • Frankreich: Nutzte ich mit einem Zwischenstop in Paris meistens nur zur Durchreise nach Spanien.
  • UK und Irland: Diese beiden Länder waren auf einer meiner drei Interrail Touren dabei. Gute und schnelle Züge in UK. Irland galt als der Geheimtip des Bahnvolks auf Tour. Dort war die Zeit stehengeblieben.
  • Dänemark und Schweden: Diese Länder galten stets als teuer. Ich reiste dorthin, um Freunde zu besuchen. Wenn ich nicht privat unterkam, so nächtigte ich im Zug oder am Bahnhof. Upsala war mein nördlichstes Ziel.
  • Schweiz: Das teure Land konnte ich mir nicht leisten! Aber in Zürich habe ich Freunde. Und das Jungfraujoch besuchte ich mit 50 % Rabatt auf den Interrailpass.
  • Deutschland: befuhr ich nicht mit dem Zug sondern mit dem Daumen an der Autobahnauffahrt.

Wo soll es jetzt hingehen: Ich plane in den 3 Monaten vier voneinander unabhängige Touren:

  • Spanien und Portugal
  • Schweiz und Italien. Weiter mit Ryanair nach Malta
  • UK
  • Dänemark, Schweden und Norwegen
  • ggf. eine Überraschungstour

Statt uralt D-Zug in der 2. Klasse geht´s weitestgehend in der 1. Klasse im Hochgeschwindigkeitszug durch Europa. Meistens werde ich bei Freunden wohnen, so z.B. in Zürich, Benalmadena, Malta, London, Kopenhagen und Göteborg.

Train station platform

Ich bin gespannt, was mich erwartet! Und mal sehen wo es mich am 25. Mai 2023 hinzieht! 40 Jahre Europapokalsieg HSV – Juventus Turin 1:0, Torschütze Felix Magath, 8. Spielminute

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