Ich startete meinen Abhautrip aus Europa Mitte März 2020. Jetzt Mitte April 2022 wird es Zeit für mich nach Deutschland und Berlin zurückzukehren. Ein Unterfangen, welches nicht ganz leicht und einfach für mich sein wird. Das Leben hat sich mit Covid-19 und jetzt auch noch einem faschistischen Kriegsangriff auf die Ukraine verändert. Ich will und muß mich aber darauf einlassen, dahin zurückzukehren, wo in 10 Autostunden entfernt Bomben, Tote, Morde und Zerstörung den Alltag regieren.

Berlin bedeutet für mich, alte Freunde wieder treffen, ALG 1 abholen und mich um meine Gesundheit kümmern. Letzteres wird sehr viel Zeit benötigen und ich darf das nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Auf all das bereitete ich mich bei Freunden in den USA vor! Dass heißt, bei diesen Freunden wohnen, in ihren Alltag eintauchen und Teil häuslicher Gemeinde werden. Also weg vom Hostelleben und täglich neue mir bis dato unbekannte Menschen treffen. Auch Abstand gewinnen zur wilden Partyszene, die das Travellerleben kennzeichnen.

Zuerst fahre ich von El Paso mit dem Zug quer durch die USA nach Pittsburgh. Dort lebt John. Ich kenne ihn seit über 30 Jahren. Er ist älter als ich und hat Parkinson. Er hat ein eigenes Haus mit Garten. Das Leben in so einem Haus ist nicht ganz einfach, wenn Du gesundheitliche Einschränkungen hast und zudem dort alleine lebst. Und dann ist noch ein hilfsbereiter Nachbar kürzlich weggezogen!

Ich bleibe eine Woche bei John. Ich biete ihm an, den Garten in Ordnung zu bringen und in seinem Haus Arbeiten durchzuführen, die sein Leben, zumindest für den Frühling lebenswerter machen. Wenn Du Parkinson hast, dann bist Du eingeschränkt. Also es kann losgehen! Das was ich erledigen kann, mache ich! Wir fahren zum Baumarkt und auf geht´s!

John fährt auch nicht mehr so viel mit seinem Auto. Er fährt meistens nur noch Strecken, die er kennt. Keine Fahrten bei Dunkelheit und die Autobahnen meidet er ebenso. Nichts liegt näher, dass er mir die Autoschlüssel gibt und ich ihn durch Pittsburgh nebst Ausflügen fahre. Somit können wir gemeinsam auch Kultur leben.

Kochen und ein gutes Essen zubereiten, ja das kann ich auch! Habe ich gelernt in den letzten 2 Jahren. Abends ein schönes Essen kreieren und gemeinsam einen guten Tropfen geniessen. Das gehört dazu, dies mit einem langjährigen Freund zu teilen.

Die Küche habe ich stets “Tip Top” gehalten. John habe ich entlastet, wo es nur ging. Laufen kann er gut, aber mit seinen Händen, da hat er Probleme.
Für einen Traveller wie mich sind die USA sehr teuer! Ausgehen, Essen und Trinken, das kostet und zwar reichlich. Unter US Dollar 100 ist zu zweit praktisch nichts mehr drin in einer Taverne. Die hast Du innerhalb von 90 Minuten im Lokal ausgegeben. Auch der Einkauf im “Giant Eagle” Supermarkt schlägt richtig zu Buche!

John hat mich die gesamte Woche eingeladen. Ich hoffe und denke, dass ich aber ihm auch etwas zurückgegeben habe. Zumindest konnte er sich Gärtner und Handwerker sparen. Und dann kommt im Mai 2022 eine gute Freundin aus Kalifornien zu ihm. Sie wird sich auch an dem etwas hübscheren Haus erfreuen.

Ich war zuletzt im Jahr 2015 zu Besuch in Pittsburgh. Das ist lange her. Damals ging John noch arbeiten. Die Zeiten ändern sich!

Am 19.04.2022 fliege ich von Pittsburgh nach Los Angeles. Neil schenkte mir das Ticket. Standesgemäß wie zuvor in der Business Class. Den Admirals Club in Pittsburgh besuche ich früh morgens vor Abflug. In dieser Lounge hängen so schöne Photograhien von Gebäuden, die den Stolz dieser Stadt mit großer Geschichte, repräsentieren. Die berühmteste Stahlstadt der USA, die Brücken, Flüsse und Hochhäuser haben Charme. Sie werden jetzt saniert und die Stadt soll zu altem Glanz erstrahlen. Die Depression, die diese Stadt lange leben mußte, dürfte Geschichte sein.

Für John ist es wichtig, dass der ÖPNV in Pittsburgh auf Vordermann gebracht wird. Als Rentner darfst Du kostenfrei in Pittsburgh fahren. Auch ich durfte das, als Besucher!
In Los Angeles besuchte ich Neil jetzt nach dem Juli / August 2021 ein zweites Mal. Er hatte jetzt seine jährliche Arbeitsspitze beendet.

Am 19. April gingen wir ins Carnees, einem Taco Imbiss in einem alten Eisenbahn Wagen am Sunset Boulevard. Dienstags treffen sich dort Freunde. Danach ging es in die “Saddle Ranch”. Bullenreiten ist dort der Hit! Ich trank Tequilla. Ich will nicht wissen, was der kostet.
Neil genießt seine wiedergewonnene Freiheit! Monatelanger Stress und viel Arbeit. Luxusleben in LA bekommst Du nicht gratis.

Ich erinnere unsere Besuche bei “Tesse” am Sunset. Das ist ein stylisches französisches Restaurant. Die bieten auch Happy Hour. Und eine Weinfachhandlung mitten im Lokal. Ein Abendessen schlägt schnell mit US Dollar 500 in der Kleingruppe zu Buche. Mir fallen hier die Kellner auf. Viele sind neu hier. Sie müssen hart arbeiten. Ständig wechselt das Personal. Nur über das Trinkgeld kommst Du klar!

Neil verändert sein Leben! Selbst während seiner Arbeitsspitzen hält er sich dienstags und freitags Abend frei. Ebenso geht er jetzt täglich ins “Equinox” Fitness Studio”. Alles Super Maßnahmen! Sie sind eine Folge aus zurückliegenden Gesprächen, die Neil und ich im Sommer 2021 führten.

Neil schenkte mir eine Massage im “Equinox”. 50 Minuten in einem einzigartigen Ambiente mich massieren zu lassen. Ich habe es genossen. Ein Trinkgeld von US Dollar 20 war für mich selbstverständlich. Und danach wieder ins “Tesse” zu einem Verwöhnabend.

Neil benötigte einige Tage, um vom Arbeitsalltag runterzukommen. Dazu will ich beitragen. Er stellte deutlich klar, was ich für ihn in seinem Leben bedeute. Er lebt mit einem behinderten Freund zusammen, der vor 18 Jahren einen Schlaganfall hatte und dessen Gesundheit weiter abwärts geht.

Am Samstag steigen Neil und ich aufs Rad. Wir radeln nach Venice Beach und treffen dort Chelsea, die auch auf Neils Highschool in Bethlehem ging.
Für Neil sind solche Touren extrem wichtig! Rauskommen, Abschalten und Ressourcen gewinnen, die in einer Beziehung mit einem behinderten Partner wichtig sind. Wir leben eine “Win Win” Situation.

Am Sonntag fahren wir zu viert, Neil, ich sowie die Behinderten Tom und Rick nach Santa Barbara mit dem Zug. Die Inspiration hierzu brachte ich ein. Mal mit einem Superliner Zug gemeinsam fahren und dem Ozean folgen. Eine Aktivität, die zu uns allen paßt.

Nicht alles ist möglich, wenn wir Inklusion leben wollen! Aber die Batterie für alle Beteiligten wird aufgetankt. In Santa Barbara mieten Neil und ich Fahrräder. Wir wollen uns eine Universität anschauen, die Neil früher besuchte. Tom und Rick gehen zu Starbucks. Wir machen das Beste aus diesem sonnigen Tag.

Santa Barbara ist ein Luxus Badeort und befindet sich 170 km von LA entfernt. Auch Neil entdeckt Dinge auf dieser Tour, die er so noch nicht kannte. Neil lud uns alle für diesen Tag ein. Ein solcher Ausflug kostet mit Essen und Trinken mehrere hundert Dollar pro Person. Aber der Tag war wichtig! Für alle Beteiligten! Ich hatte sicherlich den freiesten Kopf. Die anderen Drei aber eher weniger. Und jeder auf seine Art und Weise!

Meine Zeit in LA war sehr speziell für Neil und mich. Neil arbeitete die meisten Tage. Montags hatte er frei. Ich kam mehrfach ins “Equinox” mit. Das Fitness Studio ist so immens wichtig für Neil. Und ich strahlte jedes mal über das ganze Gesicht, wenn wir es gegen 18 h verliessen und anschliessend Cocktails im “Tesse” genossen.

Am kommenden Sonntag fuhren Neil und ich nach Palm Springs. Wir wohnten wieder in einem FKK Ressort. Oscars Teadance war auch Programm. Meine Fresse, war Neil betrunken danach. Ohne meine Hilfe wäre er nicht zurück ins Ressort gekommen. Ich hatte nur 4 mal Redbull Vodka! Aber Neil, der war heute richtig breit! Wir beide fragten uns am Montag, ob wir so etwas nochmal wiederholen müssen.

Meine 15 Tage in Kalifornien waren geprägt durch Erlebnisse mit Freunden. Wenn Neil arbeiten ging, dann schnappte ich mir des Öfteren sein Rad und fuhr sogar in eine Wüstenlandschaft oder zum Pazifik südlich von LA. Da wo es einsam ist, Naturparke existieren und Schilder vor Klapperschlangen warnen.

Am 04.05.2022 flog ich von LA zurück nach Mexiko City. In Mexico angekommen, ging ich als erstes zum Friseur, um wieder meinen Fischgrätenzopf zurückzuerhalten. In den USA kostet eine solche Haartracht viel Geld, wenn ich sie machen lasse. In Mexiko zahle ich dafür fast nichts!

Ich habe noch 5 Tage Zeit, bevor es nach Berlin geht. Zwei Tage verbringe ich in Pachuca und einigen historischen Orten, die rund um Pachuca liegen.
Am 06.05.2022 war ich dann wieder im MX Alameda Hostel. Einige der Volontäre waren immer noch da. Ich hatte dort mein Großgepäck. Und siehe da: Mein Personalausweis ist inzwischen auch aus San Jose del Pacifico eingetroffen.
Zum Abschluss noch einige Tage in Mexiko City. Schwules Nachtleben, Slumtouren mit “Cable Bus” und ein nochmaliger Trip nach Tepoztlan, wo sonntags das Leben tobt. Also für mich weniger Zeit im Hostel verbringen, wo so viel gekifft und abgehangen wird.
Meine Reise geht zu Ende: 787 Tage weg, 11 Länder, 45 Flugstrecken, ca. 3.000 km per Anhalter, 4 mal geimpft, Spanisch sprechen auf hohem Niveau, neue Freunde und kein Winter. Wie geht es weiter?