Rechtsextremismus und Verschwörungtheorien unter Aussteigern in Nicaragua

Wir fahren nach San Juan del Sur am Pazifik im äußersten Südwesten von Nicaragua. „Invest in Nicaragua“ heißt es auf vielen Werbetafeln rund um diesen kleinen Badeort und Surferspot. Schicke Villen und Glaspaläste zieren die Hügel rund ums Dorf. Gated Security ist Standard hier!

Wer wohnt denn hier? Auf jeden Fall eine große Anzahl an Aussteigern. Manche sind seit Jahren hier. Die meisten von ihnen haben eines gemeinsam: Sie wollen sich gegen Covid19 nicht impfen lassen. Einige teilen Hardcore Verschwörungstheorien gegen die Länder und gesellschaftlichen Systeme, wo sie her kommen.

Viele Ältere und Rentner sind dabei. Aber auch Familien mit Kindern, die hier leben. Es hat eine Schule für englischsprachige Kids.

Neuankömmlinge hat es auch, vor allen Dingen aus Kanada. Sie kommen nach Nicaragua, um ein neues Leben zu beginnen. Sie reden von einem neuen Faschismus, der sich insbesondere in Kanada breit macht. Eine Impfung kommt für sie nicht in Frage.

Nicaragua gehört zu den ärmsten Ländern des Kontinents. Villen und schicke Apartments findet man anderswo in dem Land eher nicht.

Abends am Volleyballstrand spreche ich mit Leuten, die hier leben. Alle sind Verschwörer durch und durch.

Einheimische im Ort grüßen mich mit „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“, wenn sie hören, daß ich Deutscher bin. Deutsche hat es hier eher unter den Travellern, nicht unter den Expats, die hier leben. Manch einer fragt sogar, was ich über Hitler denke, der war doch gar nicht so schlecht, so die Meinung hier.

Immobilien auf den Hügeln

Was ist los in Nicaragua? Seit April 2018 und den bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen erheblich weniger Traveller hier her. Auch Expats gingen in ihre Heimatländer zurück. Der Tourismus beginnt sich jetzt wieder zu erholen. Das Land genießt einen schlechten Ruf. Nicht wegen der Kriminalität, eher wegen der Unterdrückung von Meinungsfreiheit, Wegsperren der Opposition und vielen Verhörmaßnahmen durch Polizei und Geheimdienst.

Freunde von mir sprechen immer mehr über nachhaltigen Tourismus. Sie sehen diesen nicht in Nicaragua. Und der Begriff „Nachhaltigkeit“ beschränkt sich definitiv nicht nur auf Umweltmaßnahmen. Menschenrechte, Unterdrückung, Kolonialherrentum, Kriminalität, Prostitution spielen mit rein.

In Nicaragua treffe ich eher Hardcore und Langzeittraveller an, denen es im Wesentlichen ums Geld geht.

Der Hotelstandard in San Juan del Sur ist etwas besser als anderswo

Im Nachbarland Costa Rica sieht alles ganz anders aus. Die Anzahl der Traveller ist um ein Vielfaches größer. Ein Großteil von ihnen hat nicht vor, in die armen Länder wie Nicaragua oder Honduras zu reisen.

Den geldbringenden Urlaubstourismus mit Mietwagen, in besseren Herbergen wohnen oder im guten Restaurant essen gehen, gibt es kaum in Nicaragua. Jeder will nur auf Billig machen. Nicaragua unterscheidet sich deutlich von Costa Rica. Außer in San Juan del Sur findet man kaum bessere Unterkünfte und Restaurants mit unserem Standard.

In Costa Rica führe ich eher weniger Verschwörergespräche. Diese kommen eher mit Backpackern vor, die weiter nach Nicaragua reisen wollen und nur den Günstigflug nach Costa Rica nutzten. Der Rest ist ganz anders drauf, macht eher Urlaub und verfügt über ein deutlich höheres Tagesbudget.

Die Insel Ometepe gilt als ein Paradies für Aussteiger

Auf der Insel Ometepe treffe ich ebenso Verschwörer an. Ich denke da an ein Ehepaar aus Alberta in Kanada, so um die 40. Die haben alles verkauft und suchen jetzt hier eine Immobilie. Sie hassen ihr Heimatland. Ihre Meinung drücken sie fanatisch aus.

Beim Trampen werde ich von einer älteren Frau aus Kanada mitgenommen, die hier sehr lange lebt. Sie betreibt ein Boutique Hotel. Sie will sich niemals impfen lassen. Sie sieht in Covid 19 eine Methode für Faschismus und Unterdrückung.

Im Hostel in Granada wurde viel unter den Travellern über Verschwörung geredet. Auch einige Spinner, die total auf Koks waren, hat es gegeben.

Auch Morgan aus Liverpool ist Verschwörer. Ich kenne ihn seit 8 Jahren, als ich in seinem Partyhostel wohnte. Das Hostel ist aktuell geschlossen. Die Anlage macht einen total verwaisten Eindruck. Morgan gibt den Eindruck eines Penners ab.

Auch unter der einheimischen Bevölkerung sehe ich viele, die der Impfung sehr kritisch gegenüber stehen. Norma meine Spanischlehrerin ist Verschwörerin. Das wußte ich von meinem ersten Trip hierher im Dezember 2013 nicht. Damals waren Verschwörungstheorien kein Thema. Ihr Lebensgefährte hat sich nicht impfen lassen. Norma ist geimpft. Sie arbeitet auch an öffentlichen Schulen.

Permaculture Seminar auf Ometepe

Es stellt sich für mich die Frage, ob Nicaragua sehr bald auch Regeln einführen wird, was Impfungen betrifft. Wird auch hier der Zeitpunkt kommen, daß Du nur geimpft ins Land einreisen darfst und am öffentlichen Leben teilnehmen kannst. Genau so, wie das Costa Rica ab dem 08.01.2022 einführt.

Aktuell will man in Nicaragua nichts über Impfungen der Touristen wissen. Die Grenzer wollen nur einen PCR Test sehen.

Sicher sein kann sich die Verschwörerszene in Nicaragua nicht. Ich kann mir vorstellen, daß die ähnlich wie Costa Rica, Regeln einführen werden um Covid 19 in den Griff zu bekommen.

Rechtsextreme aus den reichen Ländern wissen von einer solchen Szene in Lateinamerika. Es ist davon auszugehen, daß sie Kontakte pflegen. Spirituelle Zeremonien und die Gehirnwäsche-Arbeit von Schamanen können sie innerhalb dieser Aussteigerszene leicht einbringen. Womit wir auch beim Thema Terrorismus sind.

Covid 19 ist definitiv ein Thema innerhalb der Welt der Aussteiger. Es bildet ein greifbares Thema ab, mit dem sich diese Szene abgrenzen will und identifiziert. Es kommt vor, daß ich angemacht werde, warum ich mich habe impfen lassen.

Was Lockdown- und Überwachungsmaßnahmen betrifft, so habe ich hingegen ein gemeinsames Thema mit dieser Szene. Ich bin mir mit dieser Szene einig, daß wir in den reichen Ländern zukünftig mehr „Big Brother“ erleben werden.

Costa Rica verfährt eher einen weichen Weg mit Aussteigern und Verschwörern. Mit Erfolg! Kuba geht stattdessen den harten Weg. Aussteiger will man definitiv nicht im Land haben. Die Behörden auf Kuba haben sehr klare Visionen davon, wen man auf der Insel willkommen heißt und wen nicht. Du darfst auf Kuba Urlaub machen aber nicht wohnen. Und die Casa Particulares werden vom Nachrichtendienst minutiös überwacht.

„Invest in Cuba“, „buy your property here“, undenkbar auf Kuba.

Was Rechtsextremismus betrifft, so traf ich hier Jemanden aus den Niederlanden, der sich der Hooliganszene zugehörig zählt. Farbige mag er im Übrigen auch nicht. In den Hostels kleben häufig Sticker der Fussball Fanklub- und Ultraszene aus Europa. Nicht alle davon haben rechtsextremen Inhalt.

4 Antworten auf “Rechtsextremismus und Verschwörungtheorien unter Aussteigern in Nicaragua”

  1. Hallo lieber Matthias,

    ich hoffe Dir geht es gut. Ich habe Deine letzte Nicaragua-Beschreibung
    mit Interesse gelesen. Mir geht es soweit ok. In Berlin ist der Himmel 
    jetzt seit Tagen November grau mit Nebel mit teilweise leichtem Nieseln.
    Es ist sehr ungemütlich draußen.

    Die Corona- Zahlen schießen in die Höhe. Inzidenz in Berlin heute 315,5
    und heute gab es 265 Tote in Deutschland in Zusammenhang mit Covid.  Man
    kommt nur in Restaurants, Clubs, Museen, Theater; Kinos etc. wenn man
    geimpft oder genesen ist. Ungeimpfte müssen draußen bleiben. Viele neue
    Corona Fälle sind nach Club-Besuchen festgestellt worden, jedoch sind
    die Clubs (erst mal)  wieder geöffnet.

    Die Anzahl der Corona Patienten auf den Intensivstationen (vorwiegend
    ungeimpfte)  steigt ständig. Deutschland-weit sind mittlerweile wieder
    55% des bisherigen Höchststandes erreicht. Aber auf den
    Intensivstationen ist einiges Personal wegen Überlastung abgewandert, so
    das eigentlich ein weiterer Höchststand diesmal wohl nicht verkraftet
    werden kann. Die Inzidenz Zahlen in Deutschland sind sehr 
    unterschiedlich. In den östlichen Teilen von Deutschland haben sie in
    einigen Bezirken bereits die Marke von 1.000 überschritten. Dort müssen
    Corona Patienten schon in Krankenhäuser außerhalb ihrer Wohngegend
    verlegt werden. In Berlin hat man in der Charité alle nicht nötigen
    Operationen abgesagt um die Intensivstationen für weitere Corona
    Patienten frei zu halten.

    Die Wirkung der zwei Impfungen lässt langsam nach, so das nach 6 Monaten
    nach der 2. Impfung eine dritte Impfung (Boosterimpfung) wohl nötig
    wird, damit die Zahl der Impfdurchbrüche (Corona trotz Impfung) nicht
    weiter steigt.

    Alles andere als rosig in Berlin.

    Dir weiterhin alles Gute in Südamerika

    Viele Grüße
    Martin

    1. In Düsseldorf (IWert223) sind seit mehreren Wochen gleichbleibend 22 Betten mit Coronaimpfizierten Menschen belegt, 10 beatmet. Nur die Zahl der verfügbaren Krankenbetten variiert.

      Die Steigerungen der Intensivpatienten kommen aus anderen Krankheitsbildern.
      Man berichtete (hat aufgehört), dass viele Kinder mit Atemwegserkrankungen eingeliefert werden. Wer nur mit Maske rumläuft, baut als Kind kein Imunsytem auf.

      Eigentlich wollte die Regierung einen Quotienten mit Krankenhausbelegung einführen, geredet wird wieder einmal nur über IW. Die Meinungs- & Stimmungsmache wird den Medien überlassen.

      Btw. mittlerweile amtlich. 2020 gab es keine Übersterblichkeit.
      Corona Tote sind auch die, die mal Corona hatten und danach innerhalb eines Jahres (oder 1/2 J) verstorben sind. Bis Feb 2020 war durchschnittliches Sterbealter der Coronatote bei 82 J., durchschnittliches gesamtdeutsches Sterbealter bei 81,5 J.

      Spahn hebt die kostenlose Tests auf, nur um sie einen Monat später wieder einzuführen. Wer Krise kann, kann Kanzler. Spahn, mit ausgeprägter Kanzlergier, würde ich noch nicht mal Fähnlein Fieselschweif anvertrauen.

      Bisschen mehr lateinamerikanische Lockerheim täte den Leuten hier ganz gut.

      Die tatsächliche „Faktenlage“ ist schwer zu erkennen.

      Georg, 57. J, Johnson&Johnson, keine Boosterimpfung nächste Zeit geplant. Nix Querdenker sondern Selbstdenker.

      1. Hallo Georg! Danke, dass Du mir , nach dem Du meinem Blog seit langem folgst, jetzt auch schreibst.
        Ich fühle mich hier in Lateinamerika, wo ich seit 20 Monaten lebe, sehr wohl. Die Lockerheit der Leute hier, genau das gefällt mir.
        Das was Du aus der Landeshauptstadt beschreibst, genau das bestätigt mir ein Virologe, der in Deutschland an einem Universitätskrankenhaus tätig ist.
        Ich sehe die Situation sehr kritisch, wobei die Medien hier stark mit reinspielen.
        Daß jetzt auch Langzeit Backpacker unter einem Kamm mit Verschwörern geschoben werden, daran haben Medien, aber auch die Bloggerszene ihren Anteil dran. Nicht alle Backpacker sind Verschwörer!
        Die Schlußfolgerung daraus ist, daß sich immer mehr Traveller als Individualreisende bezeichnen und somit von Backpackern abgrenzen wollen.
        Ich freue mich sehr, daß Du meinen Berichten folgst. Kommentare jederzeit gerne willkommen.
        Schöne Grüße aus den Tropen an den Rhein
        Matze

    2. Hallo Martin!
      Gestern Abend sahe ich über Stream RBB Abendschau und die Tagesschau. es gibt wieder nur ein Thema!
      Hier in Costa Rica ist Corona und Covid 19 eher ein Zusatzthema. Die Menschen befassen sich mit den schönen Dingen des Lebens. Jeder Mensch kann überall hingehen, dahin wo er will! Niemals würde ein Hostel nach der Impfung fragen. Und ich schlafe in rappelvollen Schlafsälen. Heute reise ich nach Brasilien weiter. Dort kommt Wolfgang dazu. Der pendelt aktuell zwischen Berghain und Kitkat Parties, Greencom, Loveball in Brüssel und Winterpride Gran Canaria hin und her. Dieses Wochenende ist Sao Paulo und danach Rio angesagt. Danach der Berghain Geburtstag. Ja so kann man auch leben in Corona Zeiten.
      Ich treffe ständig neue und interessante Leute. Bin stets unterwegs und Winter, ja was ist das? Gibt´s hier nicht!
      Es grüßt Dich Matthias

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